Nachdem das INSM-Anzeigenmotiv mit Notker Wolf trotz Veröffentlichung im SPIEGEL, der in der gleichen Ausgabe auch „zufällig“ ein Interview mit dem INSM-Mönch abdruckte, wohl nicht so wirklich der Bringer war und unsere Enthüllungen über dessen offenbar islamophobe Gesinnung nicht erfreulich gewesen sein dürften, läßt die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) nun Heiner Brand, Trainer der deutschen Handballnationalmannschaft, das Wort ergreifen. Durch geschickte Manipulation versucht die INSM den asozialen Reformkurs des Sozialraubs und der Umverteilung von unten nach oben hin zu einer sozialdarwinistischen Gesellschaft ohne jegliche Solidarität weiter zu penetrieren. Dieses Mal muss der Leistungssport als trojanisches Pferd herhalten. Wir erlauben uns daher, den Text des Anzeigenmotivs zu kommentieren:
Das klingt nach einem gelungenen Masterplan?
Natürlich muss gerade der Trainer einen Masterplan im Kopf haben und auf seine Umsetzung in Zusammenarbeit mit dem Team drängen. Es müssen klare Ziele und Prioritäten gesetzt werden. Das ist wie beim Schach: Jeder Spieler verfolgt seinen Plan – die bessere Strategie gewinnt. Ohne Masterplan kein Erfolg.
Es ist wohl das Privileg von Sportlern und deren Trainern, Äpfel und Birnen über einen Kamm scheren zu dürfen. Von denen erwartet man keine intellektuellen Höchstleistungen, noch nicht einmal in Besenkammern von Hotels. Handball ist ein Mannschaftssport, in dem jedes Mitglied zählt, während Schachspieler Einzelkämpfer sind. Handballspieler nun mit Schachspielern zu vergleichen, ist schon ziemlich merkwürdig, aber wahrscheinlich mußte das „Interview“ für die Ziele der INSM entsprechend umformuliert werden und wirkt daher etwas schräg.
Schachspieler sind ja Einzelkämpfer – kommt da nicht die Solidarität zu kurz?
Aus dem Können und dem Leistungswillen jedes Einzelnen ergibt sich erst Solidarität. Als Trainer achte ich auf einen fairen Leistungswettbewerb
auf dem Platz. Jeder kommt zum Zug und hat seine eigenen Qualitäten, aber es können nicht alle gleich sein. Wie der Schachspieler mit seinen Figuren, muss jeder mit seinen Fähigkeiten strategisch planen.
Dumm nur, dass professionelle Schachspieler nicht in der Mannschaft spielen und es somit auch keine Solidarität geben kann. Beim Schach heißt es Mann gegen Mann, Du oder Ich. Im Übrigen halten wir es für menschenverachtend, dass Heiner Brand seine Mannschaft offenbar ähnlich betrachtet wie ein Schachspieler seine Spielfiguren. Damit werden seine Spieler zu einer Art Robotern degradiert und geradezu entmenschlicht. Wo da noch Solidarität herkommen soll, weiß wohl nur Herr Brand selbst oder der für dieses Anzeigenmotiv verantwortliche PR-Clown der INSM.
Was können wir von Ihrem WM- Masterplan lernen?
Zwei Dinge: Wer Erfolg will, muss Reformen anschieben und sie in einer Gesamtstrategie weiterentwickeln. Das ist ein ständiger Anpassungsprozess, der sich langfristig auszahlt. Und: Im Sport wie in der Wirtschaft ist es wichtig, mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung zu agieren und sich selbstbewusst dem Vergleich mit anderen zu stellen. Fairer Wettbewerb ist keine Bedrohung, sondern nützt allen.
Hach ja, die alte Leier nach dem Schema, dass man angeblich noch mehr Reformen brauche, am besten fortwährend und natürlich immer schön als ständiger Anpassungsprozess der Politik an die unverschämt maßlosen Wünsche der Arbeitgeber und Kapitalzocker an den Börsen. Das hätten die INSM und ihre Auftraggeber natürlich gerne. Gnade uns Gott oder wer auch immer, dass dies nie Realität wird. Sonst sitzen wir ruckzuck wieder im primitiven Manchester-Kapitalismus der Vergangenheit, gepaart mit den renditegierigen Casinos der globalen Geldmärkte.
Natürlich darf auch die bei Neoliberalen übliche Forderung nach mehr „Eigenverantwortung“ nicht fehlen, unabhängig davon, ob überhaupt jeder in der Lage ist, diese zu tragen. Das vergessen neoliberale Flachdenker nämlich gerne mal: dass es auch Menschen gibt, die nicht als Sohnemann vom Schlotbaron, Politiker, Anwalt und Beamten oder als wissenschaftliches Mietmaul mit akademischen Titeln mal eben alles selbst schultern können, was bislang der Staat für die Allgemeinheit leistet. Aber um die geht es der INSM ja gar nicht, sondern nur um sich selbst und die feuchten, sozialdarwinistschen Träume ihrer Auftraggeber von Gesamtmetall.
Eine besondere Chuzpe ist die Bezeichnung dessen, was die INSM will, als fairen Wettbewerb. Ein Wettbewerb ist nur dann fair, wenn alle über die gleichen Möglichkeiten und Chancen verfügen, sprich Chancengleichheit. Hier wissen wir schon von diversen Bildungsstudien und dem Gutachten der UN, dass Chancengleichheit in Deutschland spätestens mit dem Eintritt ins Schulsystem endet und es ist eher unwahrscheinlich, dass sie danach je wieder einfach so auftaucht, im Gegenteil, die Folgen der Chancenungleichheit vergößern zusätzlich die Distanz zu neuen Chancen und Möglichkeiten.
Weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass schon von Natur aus, nicht jeder Mensch über die gleichen Chancen und Möglichkeiten verfügt. Wer als Erwachsener nur 1,60 cm groß ist, eignet sich nun einmal nicht zum Basketballspieler. Wer als Kleinkind und Jugendlicher nicht intellektuell optimal gefördert wurde, wird in der Regel nicht das Gymnasium besuchen und auch nicht studieren. Wer nicht als Kind vermögender und einflußreicher Eltern geboren wird, hat weniger Bildungschancen und mangels Vitamin B schlechtere Jobchancen.
Es gibt also sowohl im Individuum und in unserem System jede Menge Ungleichheiten und insbesondere ungleiche Möglichkeiten und Chancen zur Entfaltung von Talenten und dem vollen Potential eines Menschen. Um bei dem Vergleich mit dem Schachspiel zu bleiben: Es mögen zwar alle Figuren schwarz oder weiß sein, aber nicht jede Figur kann sich genauso frei auf dem Spielbrett bewegen wie der König. Da gibt es an der Front die Bauern, die nur Schritt für Schritt weiterkommen und damit rechnen müssen, dass sie beim nächsten Spielzug des Gegners futsch sind. Oder die Türme, die sich zwar weiter bewegen können als die Bauern, aber nicht in alle Richtungen. Eines haben jedoch alle Figuren gemeinsam: sie alle müssen dem König dienen und werden für ihn geopfert, wenn es die Spiel-Strategie erfodert. Genauso werden in den Unternehmen trotz glänzender Gewinne mal eben ein paar Hundert oder Tausende Mitarbeiter auf die Straße und oft in die Existenzlosigkeit manövriert, wenn es der Strategie des Unternehmens und seiner Manager dient.
Der Unterschied: Schachfiguren haben keine zu wahrende Menschenwürde und es kann unbegrenzt viele Spiel-Wiederholungen geben. Die Menschen, die in unserer immer inhumaner werdenden Gesellschaft ausscheiden, haben aber nur dieses eine Leben. Sollen sie dieses eine Leben für den Wachstumswahn der Kapitalmärkte und die daraus resultierende Gier der Unternehmen opfern? Nein, denn die Wirtschaft hat den Menschen, allen Menschen, zu dienen, nicht umgekehrt. Auch wenn jetzt alle Neoliberalinskis aufheulen dürften.
Es wird Zeit, dass wir uns vom neoliberalen Wirtschaftsfaschismus mit seiner widerwärtigen Menschenverachtung verabschieden und die Gesellschaft wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Dazu können sogar die Arbeitgeber einen Beitrag leisten, indem sie die Propaganda- Maschinerie INSM nicht mehr weiter finanzieren und die freiwerdenden Mittel in Ausbildungs- und Arbeitsplätze investieren. Ist es nicht erstaunlich, wie einfach das Leben manchmal sein kann? Dagegen kann Schach manchmal richtig kompliziert sein. Ob Heiner Brand das aus eigener Erfahrung weiß oder ob er nur für das Anzeigenmotiv der INSM mit den Figuren posierte, ist uns nicht bekannt.
PS: Wir beglückwünschen Heiner Brand selbstverständlich zum Erfolg seiner Mannschaft, aber bedauern ihn dafür, dass er sich gleichzeitig mit solchen schmierigen Lobbyisten wie denen von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft einläßt, die diesen Erfolg für ihre Zwecke ausschlachten. Bleibt uns nur, Heiner Brand noch viel Spass beim Schachspielen mit der INSM zu wünschen.
[…] wir auf der Website der INSM noch immer das Geschwurbel eines politisch zweifelhaft kompetenten Handballtrainers über einen angeblich benötigten Masterplan, den wohl am besten gleich die nicht demokratisch […]
[…] wurde vom Handball-Trainer Heiner Brand verfasst, der sich auch schon einmal für ein Anzeigenmotiv der INSM hergegeben hatte. Wie jede bisherige Anzeige, Kampagne und PR-Aktion ist also auch dieses Buch […]
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