Schon immer hat die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Ludwig Erhard als Handpuppe vorgeschickt, wenn sie ihrer neoliberalen, menschenfeindlichen Propaganda ein menschliches Antlitz verpassen wollte. Nun ist unter der Adresse www.erhard-schreibt-wieder.de ein weiteres Propaganda-Blog der INSM online gegangen, wo man Ludwig Erhard und dessen Politik aus dem geschichtlichen Zusammenhang reißt und verdreht, um den eigenen neoliberalen Dreck als vermeintliches Gold unters Volk zu bringen.
Wir denken, dass Ludwig Erhard maßlos überschätzt wird. Daher sollte man sich erst einmal mit ein paar Fakten rüsten, bevor man sich die alberne INSM-Propaganda anschaut. Ein guter Anfang dafür ist der Wikipedia-Eintrag zu Ludwig Erhard. Dann erkennt man nämlich recht schnell, dass Erhard einfach zur rechten Zeit am rechten Ort war. Wo wird die Wirtschaft wohl schneller und besser wachsen als in einem Land, in dem durch Krieg alles zerstört wurde? Es muss alles neu aufgebaut und produziert werden, die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen ist genauso hoch wie die nach Arbeitskräften jeglicher Art und Qualifikation, so dass alle am Wohlstand teilhaben können. Kurz, der Markt in Form von Angebot und Nachfrage funktionierte in diesem Nachkiegs-Szenario einfach. Das ist in modernen, gesättigten Gesellschaften mit hohen Zuwächsen bei der Produktivität wie heute einfach nicht mehr der Fall.
Was haben wir also von Leuten zu halten, die sich heute auf Ludwig Erhard und das Wirtschaftswunder der Nachkriegs-Ära einen von der Palme schütteln? Gar nichts. Oder zumindest nicht viel. Entweder sind das Leute, die alleine aus Dummheit und Gier einen neuen Krieg begrüßen würden, damit es danach wieder mehr „Wachstum“ gibt, oder sie sind intellektuell nicht dazu in der Lage, Ereignisse in ihrem geschichtlichen Kontext zu betrachten. Oder – die letzte Möglichkeit – sie wollen ihre Forderungen nach noch mehr menschenverachtenden, neoliberalen Reformen als „soziale Marktwirtschaft“ verkaufen, obwohl sie als fette Bonzen schon alleine von dem Begriff „sozial“ Ausschlag bekommen wie mancher Allergiker bei Pollenflug.
Abschließen möchten wir diesen Artikel mit folgendem Zitat Ludwig Erhards aus einem Interview 1972:
Zu Beginn meiner Arbeit als Wirtschaftsminister sagte man mir, dass es meine Aufgabe sei, Not und Elend zu verwalten. Meine Antwort darauf war: »Den Teufel werde ich tun und alles einsetzen, was in meiner Macht steht, um Not und Elend zu überwinden!«
Schauen wir uns doch einfach einmal an, wohin uns die neoliberalen Reformen der Schröder- Regierung gebracht haben. Wurde mit diesen Reformen Not und Elend überwunden? Nein. Wurden mit den Reformen der Agenda 2010 Not und Elend verwaltet? Das schon eher, größtenteils bürokratischer und menschenfeindlicher als je zuvor. Aber das ist ja noch nicht alles: Not und Elend wurden durch die ausschließlich arbeitgeberfreundlichen Reformen von Rot-Grün und der Großen Koalition sogar noch rapide vermehrt. Kann eine solche Politik im Geiste Ludwig Erhards und einer sozialen Marktwirtschaft stehen? Gewiss nicht.
Wenn also die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Ludwig Erhard ihre neoliberale Propaganda in den Mund legt, dann ist das nichts weiter als eine ekelhafte Vergewaltigung und historische Entstellung von Ludwig Erhard zum Zwecke perfidester Propaganda.
Wie gut, daß Tote sich nicht wehren können gegen das, was ihnen in den Mund gelegt wird! – das zumindest wird sich die INSM täglich denken, wenn sie diese unsägliche Anzeigenkampagne fortführt…
Zweifelhafte geschichtliche Fakten werden übrigens auch in dem von Michael Hüther herausgegebenen INSM-Werk »Klassiker der Ökonomie« verbreitet. Dort schreibt INSM-Berater Thomas Straubhaar über die Erhardt-Ära:
»Ludwig Erhard hat vorgelebt, dass eine konsequente Wirtschaftspolitik letztlich auch dann mehrheitsfähig wird, wenn für weite Teile der Bevölkerung schmerzliche Einschnitte in Besitzstände und die Aufgabe kurzfristiger Eigeninteressen die Folge sind. Es entspricht nicht nur der Erfahrung Ludwig Erhard, sondern auch derjenigen führender Reformer wie Ronald Reagan, Margaret Thatcher oder Roger Douglas, dass man mit einer nachhaltigen Modernisierung der Wirtschaftspolitik dem Druck der Interessengruppen und in einer Demokratie dem Druck der Mehrheit dann widerstehen kann, wenn man auf einem soliden ordnungspolitischen Fundament steht.« (Thomas Straubhaar in: Hüther, Michael: Klassiker der Ökonomie, S. 224).
Tatsächlich war es, wie bereits oben beschrieben, in der Nachkriegsära die Zeit der sozialpolitischen Expansion. Die »harten Einschnitte« in der Zeit Erhardts sind Phantasien der INSM und haben mit der Realität nicht mal am Rande was zu tun.
Eben. Zu Erhards Zeiten profitierten alle vom wachsenden Wohlstand, weil Nachfrage und Angebot stimmten, die Nachfrage teils größer war als das Angebot, selbst nach Arbeitskräften. Die „Einschnitte“, welche Erhard wollte, waren unter anderem die Umstellung der umlagefinanzierten Rente auf Kapitaldeckung. Wie „sicher“ das ist, erleben wir gerade an den globalen Geldmärkten. Und zu dem Schweizer INSM-Mietmaul Thomas Straubhaar sage ich nur eines: AUSWEISEN!
Aber mal ehrlich: Hast Du von der INSM was anderes als Lügen, Verdrehungen und Propaganda-Märchen erwartet? Für die ist das Erhard-Blog doch eh nur Schlagwort-Spam, damit kritische Stimmen wie dieses Watchblog oder Deine Seite im Google Ranking oder bei Technorati von der ersten Ergebnisseite verschwinden. Primitive Schlagwort- und Linkhurerei zu SEO-Zwecken wie in den XING-Profilen gewisser kleiner Würstchen der INSM 😉
Prof. Ludwig Erhard hat meines Wissens noch ein bisschen mehr drauf gehabt als zur rechten Zeit zur rechten Stelle zu sein.
Wenn ich mich richtig erinnere, hat er gegen heftigsten Widerstand der Wirtschaftsgrößen unseres Landes die Kartellgesetze durchgeboxt (ca. 60ziger Jahre). Er dürfte einer der einzigen und letzten Politiker gewesen sein, die sich so erfolgreich mit dem Großkapital angelegt haben.
Gegen die heutigen Politikzwerge ist er in meinen Augen doch schon etwas größer.
Insofern trifft auch die Bezeichnung „ordoliberal“ für sein Verständnis von Wirtschaftspolitik zu: liberal für den Mittelstand und ordnend ganz oben. Das ist das genaue Gegenteil der INSM-Bestrebungen. Denen kann die Deregulation der Multis nicht weit genug gehen, der Mittelstand ist denen weitgehend egal.
Sie haben recht: Erhard dreht sich nicht einfach im Grab um bei solcher Vereinnahmung, der rotiert schon.
[…] 28th, 2007 by insmwatchblog In dem Blog Erhard schreibt wieder bejubelt die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) das Geschreibsel “Auf der Höhe […]
[…] für ihr lobbyistisches, gesellschaftsschädliches Geschwafel missbrauchen. Tote können sich halt nicht mehr dagegen wehren, für neoliberale und faschistoide Propaganda vergewaltigt zu […]